Ehrlichkeit in der Bewerbung – zahlt sich das aus?

Hier eine Fremdsprache mehr, dort eine zusätzliche Projektverantwortung – und der USA-Urlaub wird mal eben zu einem Auslandspraktikum. Solche Schönfärbereien bei der Bewerbung und im Lebenslauf von Uni- und FH-Absolventen sind heutzutage leider nicht selten. Doch wer so vorgeht, bewegt sich auf sehr dünnem Eis!

Erinnert sich noch jemand an Petra Hinz? Das war die SPD-Politikerin die jahrelang im Deutschen Bundestag saß und in ihrem Lebenslauf behauptete, sie habe die allgemeine Hochschulreife erlangt und ein juristisches Staatsexamen abgelegt. Nach Mobbing-Vorwürfen gegen sie wurden die Angaben überprüft – und stellten sich als frei erfunden heraus! Karriere? Vorläufig beendet!
Und das ist  kein Einzelfall. Längst ist klar: Manipulationen, frisierte Lebensläufe, Lug und Trug, das ist  heute im Berufsleben und bei Bewerbungen leider an der Tagesordnung.  Schummeleien, Ghostwriter die ganze Diplomarbeiten schreiben und gecoachte Selbstdarsteller, die sich in Günter-Wallraff-Manier in Konzernzentralen einschleichen – (allerdings nicht, um dort Ungerechtigkeiten aufzudecken, sondern wegen eines gut bezahlten Jobs) – so etwas ist in Deutschland leider nicht ungewöhnlich. Denn der Wettbewerb um gut bezahlte Stellen ist hart. Woran liegt ‘s? Und: gibt es für Bewerber Alternativen und  bessere Bewerbungs-Strategien für die Zukunft?

Radikale Ehrlichkeit: neuer Bewerbungstrend?
In Zeiten von Facebook, Google & Co, und nach den Skandalen der letzten Zeit, kommen falsche Angaben von Bewerbern inzwischen immer häufiger ans Tageslicht. Und einige Personaler prophezeien daher schon, dass in Zukunft ehrliche Bewerber klar im Vorteil sein könnten. Denn oft reichen heute schon ein paar Klicks, um die Social-Media-Akivitäten von Bewerbern zu durchleuchten und um ihre Angaben in der Bewerbung zu überprüfen. Lohnt es sich also, streng bei der Wahrheit zu bleiben?

Der amerikanischer Werbetexter Jeff Scardino machte den Selbstversuch und verschickte Bewerbungsunterlagen, in denen er offen zugab, unpünktlich zu sein und andere Schwächen offenbarte. Angeblich mit Erfolg: nach eigenen Angaben erhielt er innerhalb von ein paar Wochen fünf Einladungen zum Vorstellungsgespräch! Wer zu dieser ungewöhnlichen Bewerbungstechnik Näheres wissen möchte: auf dieser Website hat Scardino seine vielbeachtete Bewerbungs-Strategie veröffentlicht und zum Download bereit gestellt: http://www.therelevantresume.com/

Konservative Bewerbungsstrategie – im Zweifelsfall besser!
Doch Vorsicht! Für kreative Berufe, zum Beispiel in der Werbung, mag eine solche Bewerbungs-Strategie funktionieren. Doch wer sich zum Beispiel als Bankkaufmann, Jurist oder Pilot bewirbt, der fährt damit ganz bestimmt nicht richtig! Denn die deutsche Personal-Politik ist eindeutig noch nicht reif für Authentizität und radikale Ehrlichkeit! Hierzulande wird in fast allen HR-Abteilungen nach einem klaren Raster aussortiert. Fehlen bestimmte Zeugnisse und Qualifikationen und entspricht die Bewerbung nicht der geforderten Norm, so landet sie auf dem Stapel mit den Absagen. Es kann also sehr kontraproduktiv sein, Untugenden wie etwa Unpünktlichkeit offen einzugestehen, oder zum Beispiel gleich zu verraten, das man 100 Kilogramm Übergewicht hat und nur einmal in der Woche duscht! Lassen Sie so etwas lieber! Trotzdem: für die Zukunft ist eigentlich zu hoffen, das es Konformisten, Blender und opportunistische Ja-Sager etwas schwerer haben könnten, Schlüsselpositionen zu besetzen und gutbezahlte Jobs zu erhalten! Maßgeblich beeinflussen können dies die schätzungsweise 200 Tausend Personalverantwortlichen in Deutschland. -Dadurch, dass sie in Zukunft einfach etwas mehr auf die Ehrlichkeit, Authentizität undwirkliche Persönlichkeit ihrer Bewerber achten – und Zeugnissen und anderen Papierkram nicht überbewerten! Wir meinen: das wäre ein tolles Ziel und eine große Herausforderung für das Recruiting, Personalmarketing und Employer Branding der Zukunft!

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